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>> Qualzucht für fehlgeleitete Schönheitsideale <<
Vermeintliche Schönheitsideale betreffen auch unsere vierbeinigen Freunde – und das ist nicht immer positiv zu verstehen. In den letzten 100 Jahren wurden bestimmte Hunderassen dermaßen überzüchtet, sodass sich in den Folgegenerationen teilweise massive gesundheitliche Probleme herausgebildet haben.
Welche Rassehunde besonders betroffen sind, welche Auswirkungen die Qualzucht auf sie hat und was Sie bei der Ernährung sowie beim Kauf der Vierbeiner beachten sollten, erfahren Sie hier.
Überzüchtete Hunderassen: über Generationen ausgeprägte Merkmale
Der Hund gilt nicht nur als der beste Freund des Menschen, sondern ist zugleich das beliebteste Haustier. Bei der Wahl des tierischen Begleiters spielt für die meisten zukünftigen Hundehalter natürlich auch das Aussehen eine bedeutende Rolle. Hier kommen die Rassehunde zum Einsatz, denn bei diesen Tieren ist das Äußere durch die Zucht quasi vorprogrammiert. Allerdings handelt es sich bei vielen dieser beliebten Rassen um überzüchtete Hunde. Denn die meisten der markanten, rassetypischen „Schönheitsmerkmale“, wie beispielsweise der schräge Rücken des Schäferhundes, sind das Ergebnis von jahrelanger Überzüchtung. Vermeintlich süße Geräusche, die manche Hunderassen von sich geben, wie das Schnaufen des Mopses, sind ebenfalls ein Resultat dieser Praktiken.
Wer die Schuld an der Qualzucht trägt, bleibt zu diskutieren. Fakt ist jedoch, dass sie zum Großteil aufgrund ästhetischer und wirtschaftlicher Gründe so durchgeführt wird. Denn die Nachfrage nach „Designerhunden“ wirkt sich natürlich auf das Angebot aus. Nicht zu vergessen sind die Zuchtorganisationen wie das Fédération Cynologique Internationale (FCI), die die Rassestandards für etwaige Hunde festlegen und somit ebenfalls ihren Beitrag zur Qualzucht leisten. Denn die charakteristischen „Schönheitsideale“ werden immer extremer, weshalb sich die Körperteile und Organe der Vierbeiner durch jahrelange Zucht massiv verändert haben – leider oft zum Negativen.
Überzüchtete Tiere entsprechen dann dem äußeren Vorbild, präsentieren sich also:
- innerhalb einer festgelegten Größen- und Gewichtsspanne
- mit charakteristischen Formen einzelner Körperteile
- in gewisser Haltung und Gangart
- mit typischen Fellmustern und -farben
- mit bezeichnenden Fähigkeiten, Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen und eignen sich somit gegebenenfalls für einen spezifischen Verwendungszweck (Arbeitshunde)
>> Was heißt nun aber „überzüchtet“ bei Hunden? Kurz gesagt beschreibt der Begriff die Herausbildung bestimmter gesundheitsgefährdender Attribute aufgrund von jahrzehntelanger, systematischer Zucht. <<
Denn für die festgelegten „Schönheitsmerkmale“ bezahlen viele Vierbeiner mit ihrem Wohlbefinden. Betroffene Rassen leiden an gesundheitlichen Problemen, die nicht ohne Grund als rassespezifische Erkrankungen gelten. Hand in Hand geht damit eine deutlich verringerte Lebenserwartung dieser Rassehunde einher.
Schnaufmaschinen: brachycephale Hunderassen
Überzüchtete Hunde können etliche Eigenschaften aufweisen. Brachycephale Rassehunde etwa haben in der Regel eine angezüchtete Rund- beziehungsweise Kurzköpfigkeit und eine kurze, abgeflachte Schnauze. Um diese spezielle Gesichtsform zu erreichen, wurde die Nase (bis auf einen kleinen Rest) über wiederholte Kreuzungen „geeigneter“ Tiere weggezüchtet.
Die gesundheitlichen Folgen sind fatal: Denn Mops, Französische und Englische Bulldogge sowie Boxer leiden aufgrund dessen unter Atembeschwerden und somit an Sauerstoffmangel. Obendrein sind die Nasenhöhlen sowie Schleimhäute verkleinert, was die Temperaturregulation beeinträchtigt.
Insbesondere bei Anstrengung oder an heißen Tagen kann dies zu einem Kollaps und im schlimmsten Fall zum Tod durch Überhitzung führen. Der rundliche Kopf resultiert zudem in einer Deformation des Kiefers und Gebisses. Denn nicht selten haben überzüchtete Hunde eine Oberkieferverkürzung, die ihnen die Nahrungsaufnahme sowie die Körperpflege erschwert. Wenn ein Mops so schnarrend schnauft, wird das also völlig zu Unrecht als niedlich angesehen – denn das Tier leidet. Aber bei vielen Menschen wirkt hier eher das „Kindchenschema“ und die an Jungtiere erinnernden Proportionen lösen einen starken Fürsorgewunsch aus. Dieser steigert die Beliebtheit bei Haltern deutlich.
Übergroße Rassen: Hüftprobleme inklusive
Große Hunderassen wie beispielsweise Deutsche Schäferhunde, Bernhardiner, Rottweiler und Doggen haben oftmals massive Hüftprobleme. Insbesondere die Hüftgelenkdysplasie (HD) tritt bei den meisten Vierbeinern auf. Jungtiere kommen hierbei mit einer Fehlentwicklung des Hüftgelenks zur Welt, die enorme Schmerzen verursacht und die Bewegungsfähigkeit erheblich einschränkt. Doch auch Vierbeiner im gesetzten Alter haben mit einer deformierten Hüfte zu kämpfen. Deutlich früher als nötig fällt ihnen das Laufen schwer, benötigen sie Tabletten gegen die Beschwerden und müssen teilweise anstrengende Operationen über sich ergehen lassen.
Vor allem der Deutsche Schäferhund ist von diesem Krankheitsbild sehr häufig betroffen. Dies liegt vor allem an seinem abfallenden Rücken. In den letzten 100 Jahren wurde diese Rasse so gekreuzt, dass der Widerrist möglichst hoch ist und der hintere Teil des Körpers so stark wie möglich abfällt.
Zwergenwuchs: besonders kleine Hunderassen
Das Resultat dieser jahrelangen Überzüchtung sind die als „Handtaschenhunde“ bekannten und beliebten Minihunde. Wenngleich die Vierbeiner niedlich aussehen mögen, bringt ihre unnatürliche Statur ebenfalls einige gesundheitliche Einschränkungen mit sich.
Chihuahuas zogen das unglückliche Los, von zahlreichen Promis als Modehunde etabliert zu werden. Es gibt nur wenige andere Rassen, bei denen sich eine solche von angeblichen Schönheitsidealen fehlgeleitete Zucht niederschlägt. Die Tiere leiden oftmals an der Fontanelle. Hierbei handelt es sich um eine Missbildung des Schädels, bei der das Schädeldach nicht komplett geschlossen und somit ein Loch im Kopf ist. Dadurch ist ihr Gehirn unvollständig geschützt, sodass bereits ein kleiner Sturz lebensgefährlich sein kann.
Zu den überzüchteten Rassen mit Ministatur zählen auch Dackel, die durch die Qualzucht eine unnatürliche Verkürzung der Beine erlangt haben. Viele der Rassehunde erkranken deswegen frühzeitig an Bandscheibenvorfällen, die auch als Dackellähme bekannt sind.
Weitere Erscheinungsbilder von überzüchteten Hunden
Die meisten überzüchteten Hunderassen werden auf bestimmte äußerliche Merkmale hin gepaart – zum Teil so stark, dass jegliche natürliche Erscheinung abhandenkommt. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Shar Pei, dessen markantes Attribut seine Falten sind. Allerdings stellen diese gleichzeitig ein Gesundheitsrisiko dar, vor allem wenn sie besonders ausgeprägt sind. Denn sie erhöhen sowohl das Aufkommen von Pilzinfektionen als auch entzündlichen Hautreaktionen und führen zu Reizungen der Hornhaut.
Hinzukommt, dass diese Tiere aufgrund der massiven Faltenbildung oftmals in ihrer mimischen Kommunikation eingeschränkt sind. Andere überzüchtete Hunde besitzen hingegen große, herabhängende Ohren, wie beispielsweise der Bluthund oder der Cocker Spaniel. Bei diesen Tieren ist das Risiko einer Ohrenentzündung und eines Blutohres (Othämatom) wesentlich erhöht.
Überzüchtete Hunde: unbedingt auf eine gesunde Ernährung achten
Überzüchtete Hunde leiden bereits unter physischen Einschränkungen und einer verminderten Lebenserwartung. Dadurch ist ihr Immunsystem oft deutlich anfälliger als das anderer Fellnasen: Sie haben Unverträglichkeiten, Allergien, schlechte Zähnen oder reagieren stark auf die falsche Nahrungsmenge.
Ein hochwertiges Hauptfuttermittel ist dann genauso essenziell wie eine gesunde Zusammensetzung der Leckerchen.
Rassespezifisches Futter und Kauartikel für überzüchtete Hunderassen
- Besonders kleine sowie brachycephale Rassen neigen zu Übergewicht, weshalb unbedingt auf die Energiemenge des Futters zu achten ist. Die Belohnung zwischendurch sollte in jedem Fall zuckerfrei sowie äußerst kalorien- und fettarm sein. Obendrein müssen Sie diese von der Gesamtfuttermenge abziehen. Darüber hinaus haben die Vierbeiner einen Nutzen von Omega-3-Fettsäuren, da diese die Nährstoffversorgung der Haut fördern.
- Vierbeiner, die zum Zwergenwuchs zählen, können zudem Cerealien nur schlecht verwerten. Daher ist es ratsam, diese Hunde möglichst getreidefrei beziehungsweise glutenfrei zu füttern. Hinzukommt, dass die Zahngesundheit dieser Tiere oftmals zuchtbedingt beeinträchtigt ist. Hier empfehlen wir natürliche Kausnacks mit speziellen Formen, die die tägliche Zahnhygiene unterstützen.
- Überzüchtete Hunde mit Gelenkproblemen profitieren von Futter, das die Knochen und Gelenke stärkt. Dieses ist besonders reich an wertvollen Omega-3-Fettsäuren, die entzündungshemmend sowie schmerzlindernd wirken sollen. Vor allem Trocken- oder Nassfutter auf Basis von Fisch ist ergiebig an Omega-3-Fettsäuren. Passend dazu belohnen Sie Ihren Liebling mit Kauartikeln vom Fisch.
- Boxer, Dackel, Möpse und Deutsche Schäferhunde zählen beispielsweise zu den Rassen, die anfällig für Futtermittelallergien Sollten Unverträglichkeiten auftreten, dann bieten sich hypoallergene Hundesnacks an – etwa vom Hirsch oder Schaf. Exotische Sorten wie Strauß oder Känguru sind ebenso zu empfehlen.
>> Generell gilt, dass eine hochwertige und ausgewogene Ernährung bei allen Tieren wichtig ist – auch bei gesunden Hunderassen. Dazu sollte das Futter aus natürlichen Inhaltsstoffen bestehen, zucker- und glutenfrei sowie äußerst fettarm sein, und den täglichen Bedarf an allen essenziellen Nährstoffen decken. <<
Qualzucht von Hunden nicht unterstützen: 4 Tipps für den Kauf eines gesunden Vierbeiners
- Wer sich für einen Rassehund entscheidet, sollte diesen unbedingt von einem anerkannten und seriösen Züchter erwerben. In Deutschland ist hierfür der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) die ideale Anlaufstelle. Dieser betreut eine Vielzahl an Zuchtvereinen, die über 240 verschiedene Hunderassen züchten. Diese sind in einer Datenbank zusammengefasst und unterliegen strengen Vorlagen und regelmäßigen Kontrollen. Beim Kauf erhalten die neuen Besitzer die entsprechenden Papiere. Die Ahnentafel – auch Abstammungsurkunde genannt – setzt zudem über den Stammbaum des Tieres in Kenntnis. Dadurch ist es möglich, vererbbare Krankheiten zu erkennen.© otsphoto / Fotolia.com
- Natürlich gibt es daneben auch Züchter, die keinem Verband angehören – denn im Grunde genommen, kann jede Privatperson Tiere züchten. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten: Oftmals sind weder die Elterntiere noch die Zuchtbedingungen bekannt. Die Gefahr, dass Sie hier Hunde mit Überzüchtungsmerkmalen bekommen, ist recht hoch.
- Keinesfalls sollten Sie Ihr künftiges Haustier über das Internet oder gar von sogenannten Kofferraumhändlern erstehen. Gerade bei Letzteren erfolgt die Zucht sehr häufig unter miserablen Bedingungen.
- Um der Qualzucht entgegenzusteuern, können Sie sich außerdem für einen Mischling entscheiden. Diese sind deutlich robuster, haben eine höhere Lebenserwartung und seltener rassetypische Gesundheitseinschränkungen. Je nach Mix besitzen die Hunde trotzdem einige der bezeichnenden Fähigkeiten, Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen ihrer Vorfahren und sind gleichermaßen treue Begleiter – auch wenn das Äußere vielleicht nicht dem „perfekten Schönheitsideal“ entspricht. Insbesondere im Tierheim warten viele Fellnasen auf ein liebevolles neues Zuhause.